Der Bundesrat ist gegen die Initiative „Für ein bedingungsloses Grundeinkommen“

Bern, 08.04.2016 - Die Volksinitiative „Für ein bedingungsloses Grundeinkommen“ will der ganzen Bevölkerung ein menschenwürdiges Dasein und die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen. Der Bundesrat anerkennt dieses Anliegen, das bereits in der Bundesverfassung verankert ist. Dieser Auftrag soll aber weiterhin mit dem heutigen, gut ausgebauten Sozialsystem erfüllt werden, wie Bundesrat Alain Berset und Anne-Claude Demierre, Vizepräsidentin der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren, gemeinsam erläuterten. Über die Initiative wird am 5. Juni abgestimmt.

Die Volksinitiative verlangt vom Bund, dass er ein Grundeinkommen einführt, das ohne weitere Bedingungen an die ganze Bevölkerung ausbezahlt wird. Die Initiantinnen und Initianten möchten damit den Menschen in der Schweiz ermöglichen, ihr Leben freier zu gestalten. Sie sollen mehr Freiraum erhalten, um sich beispielsweise für die Gesellschaft zu engagieren. Als Diskussionsgrundlage schlagen sie ein monatliches Grundeinkommen von 2500 Franken für Erwachsene und von 625 Franken für Kinder und Junge bis 18 vor.

Die Schweizer Wirtschaft würde deutlich geschwächt

Aus Sicht des Bundesrats hätte ein bedingungsloses Grundeinkommen einschneidende negative Auswirkungen auf die Schweizer Volkswirtschaft und das System der sozialen Sicherheit. Mit einem Grundeinkommen wäre es für verschiedene Personengruppen finanziell nicht mehr lohnend, erwerbstätig zu sein. Dies gilt insbesondere für jene Erwerbstätigen, die weniger oder nicht viel mehr als das Grundeinkommen verdienen, also für Tieflohnbeziehende und Teilzeitarbeitende, somit vor allem für Frauen. Dadurch würde die Wirtschaft Arbeits- und Fachkräfte verlieren. Zu erwarten wären in der Folge eine Schwächung der Schweizer Wirtschaft und die Verlagerung von Produktions- und Dienstleistungsaktivitäten ins Ausland. Zugleich dürfte die Schwarzarbeit zunehmen.

Erhebliche finanzielle Mittel nötig

Das bedingungslose Grundeinkommen würde jährlich 208 Milliarden Franken kosten. Dies hat der Bund auf der Basis der Diskussionsvorschläge der Initiantinnen und Initianten und anhand von Daten für das Jahr 2012 berechnet. Der grössere Teil davon könnte durch den Transfer von Erwerbseinkommen und von Geldleistungen der sozialen Sicherheit gedeckt werden. Die noch verbleibende Finanzierungslücke von 25 Milliarden Franken müsste durch erhebliche Einsparungen oder Steuererhöhungen gedeckt werden.

Negative Auswirkungen auf das System der sozialen Sicherheit

Die heutigen finanziellen Leistungen der sozialen Sicherheit, die über das Grundeinkommen hinausgehen sowie Beratungs- und Betreuungsangebote, müssten bestehen bleiben, damit sich die Situation der Personen und Haushalte nicht verschlechtern würde. Das System der sozialen Sicherheit würde durch das Grundeinkommen weder vollständig ersetzt noch vereinfacht. Gleichzeitig würde die Finanzierung der sozialen Sicherheit aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen des Grundeinkommens erschwert.

Das Grundeinkommen würde den sozialen Zusammenhalt gefährden

Das gut ausgebaute Sozialsystem unterstützt heute gezielt jene Menschen, die nicht in der Lage sind, selber für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen erhielte die ganze Bevölkerung eine solche Unterstützung, auch ohne einen Beitrag an die Gesellschaft zu leisten. Das würde das Gerechtigkeitsempfinden vieler verletzen und damit den sozialen Zusammenhalt gefährden.

Das Grundeinkommen stellt zudem zentrale Grundsätze der Sozialpolitik in Frage. Diese ist darauf ausgerichtet, die Menschen wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Dieser würde aber mit dem Grundeinkommen an integrativer Kraft einbüssen, weil es keinen finanziellen Anreiz für eine Eingliederung mehr gäbe.

Der Bundesrat begrüsst die Diskussion über den Wert der Arbeit und die Folgen der zunehmenden Technisierung und Digitalisierung für die Gesellschaft. Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde aber den wirtschaftlichen Erfolg und die sozialen Errungenschaften der Schweiz gefährden. Daher spricht er sich für ein Nein zur Volksinitiative aus.


Adresse für Rückfragen

Ludwig Gärtner, stv. Direktor
Leiter Geschäftsfeld Familie, Generationen und Gesellschaft
Bundesamt für Sozialversicherungen BSV
058 462 90 76
ludwig.gaertner@bsv.admin.ch

Anne-Claude Demierre
Staatsrätin FR
Vizepräsidentin SODK
026 305 29 04 (Freitag 8.4.16 16.00–17.00 Uhr)



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