Der Bundesrat will den Zugang zur Psychotherapie verbessern

Bern, 26.06.2019 - Menschen mit psychischen Problemen sollen einfacher und schneller eine Psychotherapie erhalten, insbesondere Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene in Krisensituationen. Deshalb sollen psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten künftig nicht mehr unter Aufsicht eines Arztes arbeiten müssen, sondern auf ärztliche Anordnung selbständig tätig sein können. Der Bundesrat hat eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage am 26. Juni 2019 verabschiedet.

Um den Zugang zu psychotherapeutischen Leistungen zu vereinfachen und eine angemessene Versorgung sicherzustellen, schlägt der Bundesrat einen Systemwechsel vor: Künftig sollen psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ihre Leistungen selbständig im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) erbringen können. Voraussetzung ist eine entsprechende Qualifikation, eine Berufsausübungsbewilligung des Kantons sowie die Anordnung der Psychotherapie durch eine Ärztin oder einen Arzt; so wie dies beispielsweise bereits im Bereich der Physiotherapie der Fall ist (Anordnungsmodell).

Heute werden die Leistungen der Psychologinnen und Psychologen von der OKP nur dann übernommen, wenn sie unter Aufsicht und in den Räumlichkeiten eines Arztes erbracht werden. Dieses Delegationsmodell beruht auf einem Entscheid des Bundesgerichts und war als Übergangslösung gedacht, bis eine national harmonisierte Aus- und Weiterbildung der Psychologinnen und Psychologen vorhanden ist. Diese ist mit dem im Jahr 2013 in Kraft getretenen Bundesgesetz über die Psychologieberufe (PsyG) eingeführt worden.

Weniger Engpässe

Durch die Umstellung auf das Anordnungsmodell können Versorgungsengpässe bei Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen in Krisen- und Notfallsituationen reduziert werden. Die Anordnung durch eine Hausärztin oder einen Hausarzt ermöglicht einen einfacheren und früheren Zugang zur Psychotherapie als die bisher erforderliche vorgängige Konsultation bei einer Fachärztin oder einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie. Langzeittherapien und Chronifizierungen können dadurch vermindert werden.

Psychische Störungen zählen zu den häufigsten und am meisten einschränkenden Krankheiten. Erhebungen und Schätzungen belegen, dass im Laufe eines Jahres bei bis zu einem Drittel der Schweizer Bevölkerung eine psychische Krankheit eintritt, die in den meisten Fällen behandelt werden sollte. Am häufigsten sind Depressionen, Angststörungen und Suchterkrankungen.

Massnahmen gegen ungerechtfertigte Mengenausweitungen

Der Bundesrat schlägt diverse Massnahmen vor, um ungerechtfertigte Mengenausweitungen zu vermeiden und die Koordination zwischen Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zu fördern. Pro ärztliche Anordnung sind maximal 15 Sitzungen möglich. Die Anzahl Sitzungen, bis mit dem Versicherer Rücksprache genommen werden muss, wird sowohl für die psychologische als auch die ärztliche Psychotherapie von bisher 40 auf 30 reduziert.

Finanzielle Auswirkungen

Der Bundesrat geht aufgrund von Schätzungen davon aus, dass heute privat bezahlte Leistungen im Umfang von rund 100 Millionen Franken künftig über die OKP abgerechnet werden. Längerfristig dürfte diese Zahl im Zusammenhang mit der Verbesserung der Versorgung noch etwas ansteigen. Um die Auswirkungen der Neuregelung auf die Kosten und die Versorgung zu überwachen und falls nötig eine Anpassung der Regelung vorzunehmen, sollen ein Monitoring über die nächsten Jahre sowie eine Evaluation durchgeführt werden.

Die Neuregelung der psychologischen Psychotherapie erfordert Anpassungen in der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV) sowie in der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV). Die Vernehmlassung dauert bis zum 17. Oktober 2019.


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