Berufsausbildung FAGS (Fachperson Gebärdensprache)

Die Berufsausbildung zur Fachperson Gebärdensprache (FAGS) ist für gehörlose und hörbehinderte Menschen in der Schweiz von zentraler Bedeutung für die Integration und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Durch den Erwerb der Zweisprachigkeit (Bilingualität => Gebärdensprache und gesprochene Sprache) ist eine erfolgreiche Integration von Menschen mit einer Hörbehinderung in die Gesellschaft möglich. Nur dank Menschen mit Ausbildung in Gebärdensprache können Kinder mit Hörbehinderung bilingual die Sprache erwerben; und die Vermittlung des Schulstoffes kann so bilingual vermittelt werden.

Projektziel und Zielgruppe

Das Hauptziel des Projekts ist, den Mangel sowie den zunehmenden Bedarf an Fachpersonen in Gebärdensprache und Interkulturalität in der ganzen Schweiz auszugleichen. Diese Voraussetzung ist notwendig, um die Welt der Gehörlosen ausreichend mit jener der hörenden Gesellschaft zu verbinden und den Hörbehinderten gleiche Rechte und Chancen zu ermöglichen. Dies geschieht dadurch, dass genügend GebärdensprachausbildnerInnen vorhanden sind, um die Lebensbedingungen von Betroffenen (Gehörlose, Hörbehinderte, Schwerhörige, Eltern und Angehörige gehörgeschädigter Kinder, Fachpersonen im Hörbehindertenwesen, Vorgesetzte, Arbeitskollegen) in Bezug auf Arbeit, Gesellschaft, Kultur und Bildung zu stärken.

Wie hilft dieses Projekt?

Leider gab es vor Projektbeginn in der Schweiz nur noch ca. 110 Personen, die eine Ausbildung als GebärdensprachausbildnerIn abgeschlossen haben. Bei mindestens 500‘000 Menschen mit Hörbehinderung schweizweit (davon rund 10‘000 vollständig gehörlos) sowie allen betroffenen Angehörigen, ist diese Zahl zu klein. Es bestand ganz klar eine Unterversorgung. Mit dem Lehrgang soll der fehlende und benötigte Bedarf an GebärdensprachausbildnerInnen gedeckt werden. Um dies langfristig zu gewährleisten, ist nebst eines fundierten Ausbildungs-Lehrganges auch die damit einhergehende Berufsanerkennung notwendig. Die vom Projekt geförderte eidgenössische Anerkennung wird den Studiengang attraktiver machen und den AbsolventInnen eine anerkannte Weiterbildung gewährleisten.

Was hat dieses Projekt erreicht?

Das gesetzte Ziel einer schweizweiten Berufsausbildung zur Fachperson Gebärdensprache wurde erreicht bzw. ist in der Romandie und im Tessin noch in der Umsetzung:

  • Deutschschweiz: Im Dezember 2018 haben 12 AbsolventInnen ihre Ausbildung an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH) Zürich erfolgreich abgeschlossen.
  • Romandie: 10 Absolventinnen werden die Ausbildung Ende Juni 2020 abschliessen.
  • Tessin: Zurzeit werden noch interessierte und kompetente SchülerInnen für den dritten Teil der Ausbildung FAGS gesucht.
 
 
 
 
 
 

Aussage von Lorena Müller, Absolventin FAGS

Lorena Müller

Ich bin in einer gehörlosen Familie aufgewachsen und dachte, dass PRO G (Schulstoffplan von früher) damals in der Schule genug war. Während der FAGS-Ausbildung lernte ich endlich, wie die Sätze in der Gebärdensprache aufgebaut sind, oder warum die Grammatik so ist. Ebenso lernte ich die Linguistik kennen. Ich war plötzlich stolz, meine Muttersprache Gebärdensprache zu benutzen.

Ich freute mich sehr darauf, die Gebärdensprache an andere Betroffene oder Interessierte weiter geben zu können. Die Ausbildungszeit war sehr spannend und die Klassendynamik war fast immer spürbar. So eng verbunden mit einer Klasse habe ich mich noch nie gefühlt, der Austausch und die Diskussionen waren sehr interessant und lehrreich. Dank dem Abschluss FAGS kann ich nun selbstsicher als Lehrperson Gebärdensprache arbeiten.

Mein Ziel ist es, die Gebärdensprache bei hörbehinderten Kleinkindern zu fördern. Jetzt arbeite ich bei DIMA (Verein für Sprache und Integration), ich unterrichte gehörlose MigrantInnen und SchweizerInnen. Ebenfalls mache ich Heimkurse in den Kantonen Zürich und Graubünden. So besuche ich unterschiedliche Familien, die hörbehinderte Kinder haben. Dort spiele ich mit den Kindern in Gebärdensprache und den Eltern unterrichte ich Gebärdensprache, damit sie miteinander kommunizieren können. 


Herausforderungen

Regionalität: Wegen den unterschiedlichen Bedingungen in den drei Sprachregionen musste die Anzahl der Lektionen des Ausbildungsganges zur Fachperson Gebärdensprache angepasst werden. Im Tessin wurde der Start Teil 3 aufgrund der geringen Anzahl kompetenter InteressentInnen verzögert, in der Deutschschweiz und der Romandie verlief alles nach Plan.

Berufsanerkennung: Um den weiter wachsenden Bedarf an Fachleuten Gebärdensprache abdecken und einen noch grösseren Teil der Gehörlosengesellschaft bedienen zu können, muss in den Studiengang FAGS investiert werden. Mit der angestrebten eidgenössischen Berufsanerkennung wird der Lehrgang attraktiver.

Finanzierung: Die Finanzierung weiterer Studiengänge ist noch nicht gesichert. Nur dank Reserven aus dem Verbandsvermögen des Schweizerischen Gehörlosenbundes sowie der Unterstützung durch das EBGB sowie diverser Stiftungen, konnten die laufenden Kosten bisher gedeckt werden. Um die Nachhaltigkeit des Lehrganges zu gewährleisten, muss eine sichere Finanzierungslösung gefunden werden.

Anforderungen: Die Anforderungen für eine Teilnahme an der Berufsausbildung sind recht hoch. Das dürfte es schwierig machen, genügend Interessierte zu finden, um einen Studiengang durchführen zu können.

Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen (GER): Zurzeit ist der Schweizerische Gehörlosenbund in einem grossen und langfristigen Projekt daran, die Vermittlung der drei Schweizer Gebärdensprachen an den GER für Sprachen anzulehnen. Diese Standardisierung muss zwingend in die Berufsausbildung einfliessen, was eine stufenweise Anpassung zur Folge hat.

Trägerschaft

Trägerschaft: SGB-FSS
Projektregion: Deutschschweiz, Romandie, Tessin
Laufzeit: 3 Jahre
Kontaktperson: für die Deutschschweiz: Ruedi Graf, Regionalleiter D-CH; für die Romandie: Adrien Pelletier, Projektleiter FAGS F-CH; für das Tessin: Alexandra Nötzli, Regionalleiterin I-CH
Webseite: sgb-fss.ch

 

Letzte Änderung 13.02.2024

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