Gute Integrationsarbeit, die sowohl Schweizerinnen und Schweizer als auch Ausländerinnen und Ausländer einbezieht, ist die beste Prävention von Diskriminierung und Rassismus. Doch Integration allein genügt nicht.
Integrationsprojekte richten sich meist an Migrantinnen und Migranten. Die Projekte wollen Wissen vermitteln und setzen sich für Verständigung und Akzeptanz ein. Konflikte und Vorurteile werden dabei, wenn überhaupt, nur indirekt thematisiert. Diese Bemühungen sind wichtig und können zur Prävention und Bewältigung von Konflikten beitragen. Zu oft folgen Aufrufen wie «geht aufeinander zu!», «seid offen und tolerant!» aber keine Taten.
Rassismus und Fremdenfeindlichkeit beruhen oft auf persönlichen Vorurteilen, eigenen Aggressionen und auf konstruierten Feindbildern und selten auf tatsächlichen Eigenschaften des Andern. Die jeweiligen Opfer sind weitgehend austauschbare Sündenböcke. Es ist daher nötig, sich gezielt mit diesem Aspekt des Problems zu befassen.
Hinzu kommt, dass potentielle Opfer nicht Migrantinnen oder Migranten zu sein brauchen. Juden, Jenische und Sinti, Schweizerinnen und Schweizer, die durch ihr Aussehen aus dem gewohnten Rahmen fallen, können ebenfalls Opfer von Rassismus werden.
Teilnehmende an Antirassismusprojekten müssen sich mit der eigenen Identität auseinander setzen. Persönliche Vorurteile müssen erkannt und hinterfragt werden. Es gilt zu lernen, Konflikte auf konstruktive Weise auszutragen:
- (Potenzielle) Täterinnen und Täter müssen sich mit ihren Vorurteilen und mit Alternativen zur Gewalt auseinander setzen.
- (Potenzielle) Opfer sollen Möglichkeiten erhalten, sich zu wehren, Schutz und Genugtuung zu suchen und die fälschliche Verinnerlichung der Diskriminierung zu verarbeiten.
- Zuschauenden soll gezeigt werden, wie sie aus ihrer oft passiven und ratlosen Rolle ausbrechen, sich einsetzen und schlichten können.
- Machtbeziehungen und Strukturen, die zur Diskriminierung beitragen, müssen hinterfragt, nötige Veränderungen erarbeitet und umgesetzt werden.
- Rassistische Diskriminierung und Rassismus müssen benannt werden. Damit sollen Rassistinnen und Rassisten nicht moralisierend zu neuen Sündenböcken gestempelt, sondern ein drängendes gesellschaftliches Problem aufgezeigt und im Bewusstsein verankert werden. Es soll auch deutlich gemacht werden, dass Bedingungen geschaffen werden können, die Rassismus und rassistische Diskriminierung verhindern.
- Soll Integration mehr sein als die Assimilation der Migrantinnen und Migranten in die Mehrheitsgesellschaft oder das Nebeneinander-Herleben in voneinander abgegrenzten Wohn- und Lebensumfeldern, kann nur das Prinzip der Nichtdiskriminierung als Leitlinie dienen. Integration kann ohne den Einsatz gegen Diskriminierung nicht erfolgreich sein.
Soll Integration verbindlich sein, so müssen die Einzelnen nicht nur wissen, welche Pflichten sie haben. Sie müssen auch wissen, welche Rechte ihnen zustehen und wie diese eingeklagt werden können. Opfer müssen Schutz und Hilfe erhalten. Im gleichen Mass, in welchem die Mehrheitsgesellschaft von Migrantinnen und Migranten integrative Leistungen einfordern muss, muss sie sich auch gegen Tendenzen der Ausgrenzung und Diskriminierung wehren. Dies verlangt unsere demokratische Grundordnung, die in unserer Verfassung festgeschrieben ist und die überdies mit dem Beitritt zu den entsprechenden internationalen Verträgen bekräftigt wurde (UNO-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung CERD, Europäische Menschenrechtskonvention).