Bei Themen wie Rassismus und rassistische Diskriminierung ist bereits die Verständigung auf die Begrifflichkeiten eine Herausforderung und kann mit politischen und rechtlichen Konsequenzen verbunden sein.
Die Fachstelle für Rassismusbekämpfung liess 2014 in Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) eine interne Studie zu den wichtigsten Begriffen in Zusammenhang mit dem Thema Rassismus und zu deren Verwendung im nationalen und im internationalen Kontext erarbeiten: Begrifflichkeiten zum Thema Rassismus (PDF, 641 kB, 17.05.2018)
Die juristisch ausgerichtete Studie kann zu punktuellen Fragen konsultiert werden, vermittelt in ihrer Gesamtlektüre aber auch die weltanschaulichen, politischen, wissenschaftlichen und rechtlichen Auseinandersetzungen zu den behandelten Themen. Im Folgenden werden Rassismus und Diskriminierung nur kurz erklärt, für vertiefte Ausführungen kann die Studie konsultiert werden.
Grundsätzlich ist zu beobachten, dass die meisten Fälle rassistischer Diskriminierung in der Schweiz nicht ideologisch begründet sind. Sie basieren vielmehr auf Unwissen, diffusen Ängsten, Aggressionen, Vorurteilen und mangelndem Einfühlungsvermögen. Aber unabhängig davon, ob eine ideologische Bedeutung vorhanden ist oder nicht, geht es beim Einsatz gegen Rassismus zuallererst darum, anzuerkennen, dass es rassistische Diskriminierung gibt, und zwar auf struktureller, institutioneller wie individueller Ebene. Es gilt, die Verletzung, die Opfer derartiger Diskriminierungen erleiden, anzuerkennen.
Prävention und Sensibilisierungsarbeit bedeuten aber nicht, „Rassistinnen“ oder „Rassisten“ zu identifizieren und so neue Sündenböcke zu schaffen, sondern im Alltag Bedingungen zu schaffen, die rassistische Diskriminierungen verhindern. Vor allem geht es auch darum, die Fähigkeit zu entwickeln, Diskriminierung wahrzunehmen und sich kontinuierlich dagegen einzusetzen.
Rassismus
Rassismus bezeichnet eine Ideologie, die Menschen aufgrund ihrer ethnischen, nationalen oder religiösen Zugehörigkeit in angeblich naturgegebene Gruppen (sogenannte «Rassen») einteilt und diese hierarchisiert. Damit werden Menschen nicht als Individuen, sondern als Mitglieder solcher pseudo-natürlicher Gruppen mit kollektiven, als unveränderbar betrachteten Eigenschaften beurteilt und behandelt.
Als soziale Konstruktionen werden «Rassen» nicht nur mittels äusserlicher Merkmale, sondern auch aufgrund angenommener kultureller, religiöser oder herkunftsmässiger Unterschiede konstruiert. Dabei werden zum Beispiel bestehende sozioökonomische oder bildungsbezogene Ungleichheiten mit der ethnischen, kulturellen oder religiösen Zugehörigkeit als biologisch gegeben «erklärt». Im Gegensatz zum angelsächsischen Sprachraum ist der Begriff der «Rasse» im kontinental-europäischen Sprachraum als rassismusbegründendes Konstrukt verpönt und deshalb auch meist mit Anführungszeichen versehen. Der Begriff ist jedoch in internationalen Vertragswerken verankert und wird deshalb auch in Art. 8 BV und Art. 261bis StGB zur Bezeichnung eines Merkmals verwendet, aufgrund dessen nicht diskriminiert werden darf.
Rassistische Diskriminierung
Rassistische Diskriminierung bezeichnet jede Handlung oder Praxis, die Menschen aufgrund physiognomischer Merkmale, ethnischer Herkunft, kultureller Merkmale und/oder religiöser Zugehörigkeit ungerechtfertigt benachteiligt, demütigt, bedroht oder an Leib und Leben gefährdet. Im Unterschied zum Rassismus ist rassistische Diskriminierung nicht zwingend ideologisch begründet. Sie kann absichtlich, oft jedoch auch unabsichtlich erfolgen (z. B. indirekte oder strukturelle Diskriminierung).
Einstellungen
Der Begriff «Einstellung» bezeichnet gemäss Duden eine Meinung, eine Ansicht oder ein inneres Verhältnis, das jemand zu einer Sache oder zu einem Sachverhalt hat. Unter diesen Begriff werden insbesondere auch positive, negative oder stereotype Meinungen subsumiert. Persönliche Einstellungen, wenn sie im privaten Kreis geäussert werden, sind von der Meinungsäusserungsfreiheit geschützt und werden rechtlich nicht geahndet. Rassistische Einstellungen führen nicht zwingend zu rassistischen Handlungen und sind auch nicht unbedingt ideologisch begründet. Sie können aber zu einem Klima beitragen, in dem rassistische Äusserungen und diskriminierende Handlungen eher toleriert oder gutgeheissen werden, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung selbst nicht entsprechend handeln würde.
Direkte oder unmittelbare Diskriminierung
Direkte oder unmittelbare Diskriminierung liegt dann vor, wenn eine Person aus nicht zulässigen Gründen weniger vorteilhaft behandelt wird als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Direkte bzw. unmittelbare Diskriminierung ist von einer «Ungleichbehandlung» zu unterscheiden, die aufgrund von zulässigen Kriterien oder Gründen erfolgt.