Rassistische Hassrede ist nicht neu, hat aber mit dem Internet neu an Dynamik gewonnen. Emotionale und negative Inhalte zu reisserischen Themen werden durch Nutzende und Algorithmen deutlich stärker verbreitet, und Organisationen mit rassistischem Gedankengut wissen die Möglichkeiten des Internet systematisch und gezielt zu nutzen.
Die Kommunikation im Internet unterscheidet sich wesentlich von den traditionellen Medien. Anonymität, Schnelligkeit und grosse Reichweite führen zu «toxischer Enthemmung» oder zumindest häufig zu einem verschärften Umgangston.
Die Internetkommunikation ist
- indirekt: in den sozialen Medien hat man kein Gegenüber, keinen Blickkontakt, keinen nonverbalen Austausch, der hemmend wirken kann.
- unmittelbar und jederzeit möglich: nach einem Frusttag, in Euphorie oder sonst unüberlegt – im Internet wirkt die Selbstkontrolle, die man in der Öffentlichkeit hat, weniger stark, und das Ventil liegt in Form einer Tastatur jederzeit bereit.
- beschleunigt: Inhalte sind schnell geschrieben und verschickt, erreichen aber unmittelbar ein potentiell grosses Publikum, das wiederum reagiert.
Rassistische Hassrede verstösst gegen die Rassismusstrafnorm, wenn sie öffentlich ist und eine gewisse Intensität aufweist. Im privaten Rahmen kann eine Ehrverletzung geltend gemacht werden. Privatrechtlich können die Angriffe mit Bestimmungen des Persönlichkeitsschutzes unterbunden werden. Im grenzüberschreitenden digitalen Raum ist es aber häufig schwierig, die Verantwortlichen zu identifizieren und gegen sie vorzugehen.
Neben rechtlichen Mitteln braucht es Stimmen, die der rassistischen Hassrede entgegenhalten und für das respektvolle Zusammenleben einstehen. Es braucht auch Beratung für direkt Betroffene und für Personen, die reagieren möchten.
Rassistische Hassrede drückt sich in Wort, Ton und Bild aus: in den elektronischen Kanälen der traditionellen Medien, in sozialen Medien und Netzwerken – überall dort, wo digitale Kommunikation stattfindet. Je nachdem kommen unterschiedliche rechtliche Regeln zur Anwendung. Grundsätzlich stehen aber die Selbstregulierungsmassnahmen der Anbietenden im Vordergrund (mehr dazu im Rechtsratgeber und im Bericht der FRB 2019/2020).
Hassrede hat nicht nur Auswirkungen auf die direkten Opfer, sondern auch auf Zuschauende bzw. «unbeteiligte» Dritte. Die Häufung von rassistischen Inhalten kann zu Gewöhnung und Gleichgültigkeit führen und so den gesellschaftlichen Diskurs prägen. Direkt Angegriffene oder Nutzende, die mit den rassistischen Inhalten nicht einverstanden sind, ziehen sich aus dem Netz zurück. Angesichts der Wichtigkeit der digitalen Kommunikation und der sozialen Medien führt dies zu einer Verzerrung oder gar Verhinderung der demokratischen Debatte. Rassismus im Internet stellt auch die Rassismusbekämpfung vor neue Herausforderungen. 2020-2023 unterstützt die FRB deshalb Projekte, die sich mit Rassismus im Netz auseinandersetzen.
Letzte Änderung 07.09.2021