Online Tagungen als Chance für Menschen mit Behinderungen

Auf dem Foto ist ein Bildschirm zu sehen, wie der Live-stream läuft. Im Hintergrund sind zwei Gebärdensprachdolmetschende und eine Frau links im Bild an einem Tisch. Zu sehen sind noch Kameras und Lampen zur Beleuchtung der Personen, die aufgenommen werden.
Foto der Tagung «Partizipation als Chance» vom 3.12.2020, aufgenommen durch das EBGB Team.

Aus der Not wird eine Tugend. Corona zwingt uns auf Online-Veranstaltungen zu wechseln. Das bringt Herausforderungen aber auch Chancen mit sich. Diesen Herbst hat das EBGB gleich zwei Tagungen online durchgeführt. Hier eine kurze Bilanz.

Ist der Tagungsort für Rollstuhlfahrende zugänglich? Können Assistenzhunde für blinde Personen mitgebracht werden? Solche Fragen werden vor einer «normalen» Tagung gestellt. Nun war alles anders. Das EBGB führte am 5.11.20 die Tagung «E-Accessibility» und am 3.12.20 die Tagung «Partizipation als Chance» - beide online – durch.  Die Teilnehmenden konnten von zu Hause oder vom Büro aus teilnehmen. Die Frage der örtlichen Zugänglichkeit ist also weggefallen. Blieb die Frage der digitalen Zugänglichkeit. Digitalisierung als Chance für Menschen mit Behinderungen – ein Credo das zurzeit Aufschwung erhält.

Was braucht es, damit Menschen mit Behinderungen an den Online-Tagungen teilnehmen können?

Technik und Organisation. Beide Tagungen wurden in Deutsch und Französisch angeboten. Dazu kommen noch die beiden Gebärdensprachen: Deutschschweizerische und Französische Gebärdensprache, Untertitel, Simultanübersetzungen. Das Programm und die Anmeldeplattform wurden in einem barrierefreien Format für Menschen mit Behinderungen aufbereitet, ebenso die Möglichkeit digital während der Tagung Fragen stellen zu können. Veröffentlichte Fotos auf Socialmedia wurden mit einem Alt-Text (alternative Beschreibung für blinde und sehbehinderte Personen) versehen. Das sind Vorkehrungen für eine barrierefreie Tagung – auch wenn sie vor Ort durchgeführt würde. Nun wurde alles übers Internet gestreamt. Die Referierenden, Techniker, Übersetzerinnen, Webleute und weitere unterstützende Personen waren an unterschiedlichen Orten. Kurze Pannen, Tests und Absprachen mussten per Telefon oder WhatsApp besprochen werden. Im Live-Stream musste aber dann wieder alles synchron in einem Bild zusammengefügt werden und dieses musste den Anforderungen der Barrierefreiheit entsprechen. Das bedeutet, dass ein barrierefrei optimierter Player eingesetzt wurde, der eine geräteunabhängige Nutzung (z.B. Navigation mittels Tastatur anstelle einer Maus) sowie die Bedienung mit einem Screenreader (Vorleseprogramm für blinde und sehbehinderte Menschen) ermöglicht. Ebenso sollten Untertitel und Gebärdensprache ein- oder ausgeblendet werden können. Zudem war wichtig, dass das Fenster mit der Gebärdensprachübersetzung verschoben und je nach Bedarf vergrössert oder verkleinert werden konnte. Eine Veranstaltung barrierefrei durchzuführen ist eine Herausforderung. Eine barrierefreie online Veranstaltung erhöht die Komplexität und bedeutet einen grossen organisatorischen Aufwand.  

Eins ist sicher: Viel mehr Menschen mit Behinderungen nahmen teil

Bei Tagungen vor Ort sind die Räume meistens auf 100 bis 200 Plätze beschränkt. Nun wurden bei den online-Durchführungen der beiden Tagungen des EBGB Teilnehmerzahlen von teilweise über 800 Personen registriert, die gleichzeitig der Tagung per Stream folgten. Darunter im Verhältnis auch viel mehr Personen mit Behinderungen.  Die Schwelle, an einer online-Tagung teilzunehmen, ist für alle geringer. Schon nur, weil der Reiseweg wegfällt. Für einen grossen Teil der Menschen mit Behinderung ist die Hürde, an einer «normalen» Tagung vor Ort teilzunehmen, oft noch grösser, vor allem wenn Veranstaltungsorte nicht genügend zugänglich sind. Hier bietet eine online Durchführung jedoch die Möglichkeit, trotzdem an einer Tagung teilzunehmen – unabhängig von der Zugänglichkeit des Orts der Veranstaltung. Die Digitalisierung erhöht also effektiv die Chance einer Teilhabe für Menschen mit Behinderungen. Unser Fazit: Der Aufwand lohnt sich.

Letzte Änderung 18.12.2020

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