Anti-Schwarzer Rassismus beschreibt eine bestimmte Form des Rassismus, die sich spezifisch auf das sichtbare und unwandelbare Merkmal der Hautfarbe oder andere physiognomische Merkmale bezieht. Siehe mehr dazu im Glossar.
Aufgrund gemeinsamer Erfahrungen Schwarzer Menschen wird der Begriff «Schwarz» als kollektive Selbstbezeichnung afrodeszendenter Menschen und People of Color verwendet. Schwarz beschreibt dabei nicht die Hautfarbe, sondern die soziale und politische Konstruktion und die damit einhergehende gesellschaftlich zugeordnete Position von rassismusbetroffenen Menschen.
Die UNO spricht im Zusammenhang mit anti-Schwarzem Rassismus von Rassismus gegen Menschen afrikanischer Abstammung. Rassismus und Rassendiskriminierung haben dazu geführt, dass Menschen afrikanischer Abstammung unter Ausgrenzung und Armut litten und in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens bis heute benachteiligt werden. Um dies in offiziellen Statistiken sichtbar zu machen, bedarf es rassismusrelevanter, auf dem Prinzip der Selbstidentifikation beruhende Daten.
UN People of African Descent
UN International Day for People of African Descent
UN International Decade for People of African Descent
Als «People of Color» bezeichnen sich Menschen, die sich selbst nicht als «weiss» sehen oder von der Gesellschaft nicht als «weiss» verstanden werden. Auch sie verbindet die Rassismuserfahrung, sowie die zugeordnete, konstruierte, gesellschaftliche Position. Gängig v.a. im internationalen Diskurs ist die Abkürzung BIPOC, welche «Black, Indigenous and People of Color» (Schwarze, Indigene sowie weitere PoC) einschliesst.
Wo steht die Schweiz
Zwar ist gemäss der Erhebung des BFS «Zusammenleben in der Schweiz» (ZidS) nur eine Minderheit der Bevölkerung Schwarzen Menschen gegenüber feindselig eingestellt, diese negativen Einstellungen sind dennoch deutlich vorhanden und ähnlich ausgeprägt wie jene gegenüber jüdischen Personen.
Gemäss Beratungsnetz für Rassismusopfer ist anti-Schwarzer Rassismus das am häufigsten genannte Diskriminierungsmotiv. Die Studie zu strukturellem Rassismus zeigt überdies deutlich, dass Schwarze Personen in allen untersuchten Lebensbereichen stark von rassistischer Diskriminierung betroffen sind. Besonders gut erforscht ist dies etwa im Arbeitsbereich, und besonders Schwarze Männer sind von diskriminierenden Polizeikontrollen betroffen.
Weiter Daten zu anti-schwarzem Rassismus, rassistischer Diskriminierung sowie Einstellungen finden Sie unter: Rassismus in Zahlen
Die 2017 von der FRB in Auftrag gegebene Studie des SFM zu Ausdrucksformen und Ausprägungen des anti-Schwarzen Rassismus sowie Hochrechnungen im Rahmen des Monitorings «Rassismus in Zahlen» zeigen, dass praktisch alle Schwarzen Menschen in der Schweiz anti-Schwarzen Rassismus erlebt haben, unabhängig von sozialer Schicht, Altersgruppe, Geschlecht oder Sprachregion.
Heute sind in der Schweiz sehr unterschiedliche Bevölkerungsgruppen von anti-Schwarzem Rassismus betroffen: Zugewanderte und deren Nachfahren aus Afrika, Südasien, Nord- und Südamerika und aus den umliegenden europäischen Ländern. Viele sind Schweizer Staatsangehörige.
Da die Schweiz keine Daten nach Hautfarbe, gruppen- oder ethnospezifischen Merkmalen erhebt, fehlen umfassende Informationen zu potenziell von Anti-Schwarzem Rassismus und rassistischer Diskriminierung betroffenen Bevölkerungsgruppen. Grobe Schätzungen anhand der Nationalität oder des Geburtsorts sind zwar möglich (vgl. etwa «Estimating the Number of Afro-Descendants in Switzerland», 2023). Sie können aber nicht berücksichtigen, wie die Menschen sich selber identifizieren und tragen der zunehmenden Zahl Schwarzer Schweizer Staatsangehöriger und deren Nachkommen keine Rechnung. Ausserdem sind Staatsangehörigkeit oder Geburtsland bei Zugewanderten beispielsweise aus Brasilien, den USA oder Südafrika kaum schlüssige Indikatoren. Auch in der Schweiz bleiben viele Schwarze Menschen deshalb in den Statistiken «unsichtbar».
Herausforderungen und Massnahmen
Bisherige staatliche Massnahmen sind kaum gruppenspezifisch ausgerichtet, hierzu fehlen in der Schweiz u.a. verlässliche und vollständige, rassismusrelevante Daten, etwa zu ethnischer Zugehörigkeit. Dies wird von internationalen Gremien kritisiert. Sie empfehlen der Schweiz entsprechende den Anforderungen der Selbstidentifikation genügende Daten zu erheben. Mehr dazu unter Herausforderungen im Monitoring "Rassismus in Zahlen". Hingegen unterstützt die FRB mit ihren Finanzhilfen eine Vielzahl von Projekten zur Prävention von anti-Schwarzem Rassismus.
Obwohl sich die Schweiz nie als Kolonialmacht verstanden hat, hat sie eine koloniale Vergangenheit. Neuere Forschungen zeigen, dass die Schweiz nicht nur materiell, sondern auch ideologisch in den Kolonialismus und den Handel mit versklavten Menschen verstrickt war und davon profitierte. Auch wenn vor allem privatwirtschaftliche und individuelle Akteure aus der Schweiz am Kolonialismus beteiligt waren, hatten koloniale Bilder und koloniales Gedankengut einen bis heute wirksamen Einfluss. Die zunehmende Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit und deren Wirkungsmacht auf die Gegenwart bedingt die Thematisierung stereotypisierender Darstellungen Schwarzer Menschen und eine Aufarbeitung der materiellen Anreicherung durch den kolonialen Handel. Weiterführend siehe auch Tangram 47 zum kolonialen Erbe der Schweiz.
Noch 2017 zeigte die ZidS Zwischenerhebung zu anti-Schwarzem Rassismus auf, dass ein Grossteil der Bevölkerung zwar das Vorhandensein von Diskriminierung und Rassismus gegenüber Schwarzen Menschen etwa bei der Wohnungs- oder Stellensuche anerkennt, eine Mehrheit aber trotzdem dazu tendiert, das Vorhandensein von Rassismus gegenüber Schwarzen Menschen als
Randproblem zu betrachten.
Diese Haltung widerspiegelt sich auch in den bisweilen polemisch geführten Debatten rund um die koloniale Vergangenheit der Schweiz, rassistisch konnotierten Bezeichnungen, der Black lives matter-Bewegung oder den Diskussionen rund um «cultural appropriation».
Schwarze Personen sind besonders stark von rassistischer Polizeigewalt sowie Racial Profilng betroffen (vgl. Thema Polizei und Justiz und Studie zu struktureller Rassismus). Seit geraumer Zeit fordern zivilgesellschaftliche Organisationen, Politikerinnen und Politiker sowie internationale Menschenrechtsgremien Massnahmen gegen diese institutionellen Formen von Rassismus – etwa ein gesetzliches Verbot von Racial Profiling, ein Ticketsystem für Polizeikontrollen oder unabhängige Beschwerdemöglichkeiten und Untersuchungsstellen. Mehr dazu finden Sie bei Allianz gegen Racial Profiling.
Letzte Änderung 12.03.2024